Rede: Regionale Fleischvermarktung und stressfreie Schlachtung stärken – dezentrale und mobile Schlachtung ermöglichen

Meine Rede zum Tagesordnungspunkt 22 "Regionale Fleischvermarktung und stressfreie Schlachtung stärken - dezentrale und mobile Schlachtung ermöglichen" im Januarplenum 2021

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Sehr geehrte Frau Präsidenten, sehr geehrte KollegInnen

Die grausamen Bilder aus den Schlachthöfen, von Tiertransporten, aus Verladesituationen haben sich tief eingebrannt. Ich denke, nicht nur bei mir. Ängstliche, panische Tiere, traktiert und nicht ordnungsgemäß betäubt, bevor ihr Leben dann unter Schmerz und Leid endet.

Der Sturm der Entrüstung wurde genutzt. Das ist gut. Ich bin dankbar für die verschiedenen Schritte, die die Landes- und Bundesregierung bisher unternommen haben, um das System zu verändern.

Besonders die Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil aber auch die verschärften Kontrollen, sind zu nennen.

Wir gehen noch einen Schritt weiter. Das System ist unvollständig. Immer größere Schlachthöfe, zentralisiert, verursachen immer weitere Anfahrtszeiten und sie sind anfällig, wie uns die Corona-Pandemie sehr deutlich vor Augen hält. Ich sage nur „Schweinestau“.

Wir wollen, eine regionale Fleischvermarktung und eine stressfreie Schlachtung, dezentral und mobil!

Grundsätzlich gilt für alle Schlachttiere, deren Fleisch vermarktet werden soll, dass sie nur in Räumen eines EU zugelassenen Schlachtbetriebes geschlachtet werden dürfen und sie müssen lebend in diesen Betrieb verbracht werden.

Die Intervention aus Niedersachsen und aus weiteren Ländern, hat dazu geführt, dass im Bundesrat beschlossen wurde, die Erweiterung der Ausnahmegenehmigung der „Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung“ im Bund zu fordern.

Gleichzeitig fordert der Bundesrat den Bund auf, sich auf EU-Ebene für eine rechtliche Verankerung der Zulassung mobiler und teilmobiler Schlachtanlagen, sowie weiterer Ausnahmen vom Schlachthofgebot einzusetzen.

Ausdrücklich begrüße ich, dass die EU-Kommission ihrerseits eine Flexibilisierung bezüglich der Schlachtung landwirtschaftlicher Nutztiere auf dem Haltungsbetrieb ermöglichen möchte. Für April dieses Jahres sind Entscheidungen angekündigt.

Worüber reden wir, was meinen wir mit dezentraler und mobiler Schlachtung?

Zum Beispiel geht es um die EU-Zulassung für Schlachtstätten auf dem landwirtschaftlichen Betrieb

Es geht um Weideschlachtungen. Gerade bei extensiver Fleischrinderhaltung gestaltet sich ein Umgang mit den Tieren herausfordernd. Die Tiere sind den Kontakt zu Menschen wenig gewohnt und lassen sich nicht so einfach verladen und in den Schlachtraum bringen. Das verursacht neben Stress für die Tiere oft auch Arbeitsunfälle.

Wir sprechen über Teilmobile Schlachtungen. Das Schlachtunternehmen führt im Herkunftsbetrieb die Betäubung und Entblutung in einem mobilen Teil der EU zugelassenen Schlachtstätte durch. Innerhalb einer Stunde wird das Tier dann in die Schlachtstätte zur weiteren Verarbeitung gebracht.

Bei der Vollmobilen Schlachtung werden alle Schlachtschritte bis zur Zerlegung in einem EU-zugelassenen Schlachttrailer durchgeführt.

In mehreren Studien für verschiedene Tierarten zeigt sich, wie viel entspannter alternative Schlachtungen im Haltungsbetrieb ablaufen können und wie sich diese Entspannung auf die Fleischqualität auswirkt.

Katrin Juliane Schiffer untersuchte zum Beispiel in ihrer Doktorarbeit für die Universität Kassel die Auswirkungen der „Hofschlachtung von Rindern per Kugelschussmethode“. Sie kam zu dem Schluss, dass sowohl die Qualität des Fleisches deutlich besser war – Zartheit, Fleischfarbe und Wasserhaltevermögen erhielten höhere Werte, als bei konventionell transportierten und geschlachteten Rindern – als auch die Tiere deutlich weniger gestresst. Zudem konnten Blutergüsse oder Verwundungen ausgeschlossen werden, die beim Transport zum Schlachter passieren können.

Das Projekt „Extrawurst“ in Hessen hat in einem EIP-Projekt Strategien für eine teilmobile Schlachtung entwickelt.

Ziel war es, eine Schlachtung für nicht ganzjährig im Freien gehaltene Rinder zu ermöglichen, dazu technische Entwicklungen aber auch eine Leitlinie zu entwickeln, die möglichst bundesweit künftige Genehmigungen dieses Verfahrens erlaubt.

Die projektverantwortliche Frau Dr. Andrea Fink-Keßler, konnte ich kürzlich persönlich sprechen. Sie sagt, ich zitiere: „Eine der Erkenntnisse dieses Projektes, neben den technischen Herausforderungen, ist die Kostenfrage. Die höheren Kosten müssen über den Produktpreis wieder eingenommen werden“.

Sie berichtet weiter: „Verbraucherinnen und Verbraucher haben immer mehr Interesse an Herkunft, Haltung und auch der Schlachtung der Tiere, die ihr Fleisch liefern. Viele sind mittlerweile bereit, einen höheren Preis für Fleisch zu zahlen, das gut nachverfolgbar hergestellt wurde.

Vielleicht ist dies also eine weitere Möglichkeit für Landwirtinnen und Landwirte, besser wahrgenommen und besser entlohnt zu werden.“ Zitat Ende

Auch die Herausforderungen der Kosten durch Gebühren, Genehmigungen, Veterinär- und Hygieneansprüche aber auch bürokratische Hürden, müssen wir uns ansehen.

Was mich anspornt, sind die vielen Zuschriften und Gespräche, die ich erhalte und führe und die durchweg gewaltig große Bereitschaft, gepaart mit einem schier unerschütterlichen Optimismus der Akteure, wenn es um die unterschiedlichen Möglichkeiten der Dezentralisierung und der Mobilisierung im Schlachtbereich, geht

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.